Seit Anfang November sind alle Schüler*innen und Lehrer*innen nach dem Frühjahr 2020 ein zweites Mal im Homeoffice. Bei der Umstellung von Präsenzunterricht auf Homeschooling gab es diesmal weniger Komplikationen als im ersten Lockdown. Das liegt vor allem daran, dass die Schule die Distance-Learning-Infrastruktur verbessert hat und mit MS Teams eine zentrale Lernplattform zur Verfügung steht.
Das Lernen und Arbeiten von zu Hause hat seine positiven, aber auch negativen Seiten. Aus diesem Grund haben wir Schüler*innen und Lehrer*innen aus dem BORG Linz befragt, wie es ihnen mit der Situation geht und wie sie damit umgehen.
Da die Schüler*innen den Stoff jetzt zu einem großen Teil selbstständig erarbeiten müssen, sind Selbstverantwortung und Selbstorganisation sehr wichtig geworden. Die Plattform MS Teams hilft den Schüler*innen dabei, einen Überblick über ihre Lernpakete und Assignments zu behalten und erlaubt es den Lehrer*innen auch, Live-Unterrichtsstunden via Videokonferenz zu halten.
Die Sicht der Schüler*innen
Die selbstständige Erledigung der Arbeitsaufträge ist teilweise sehr zeitintensiv. Laut einer Online-Befragung der Borg Linz-Schüler*innen seitens der Schüler*innenvertretung sitzen die Lernenden durchschnittlich 5 bis 8 Stunden täglich bei ihren Aufgaben, manchmal auch am Wochenende. Bei der Frage, ob sich die Schüler*innen mehr Videounterricht und weniger Assignments wünschen würden, zeigen sich die Befragten gespalten. 47% hätten gerne mehr Live-Unterricht, 53% sind mit der Verteilung von Arbeitsaufträgen und Videounterricht zufrieden. Am meisten Videounterricht wünschen sich die Schüler*innen in Mathematik und 63% sind absolut dagegen, dass von 8 bis 14 Uhr laut Stundenplan live vorm PC unterrichtet wird. Wenn die Schüler*innen an ihre Lehrkräfte Wünsche richten könnten, würden sie sich über die Stellung der Aufgaben via Teams-Assignments freuen, da sie somit, leichter einen Überblick behalten könnten und keine Deadlines verpassen würden. Eine Aufgabenstellung in den „Beiträgen“ ist leicht mal übersehen.
„Die Lehrer sollten von ihren Klassen mehr Feedback einholen.“ – So lautet ein konkreter Vorschlag in der Umfrage, um die Arbeitslast der Klassen im Blick zu behalten und ein Gefühl dafür zu bekommen, wie lange die Schüler*innen tatsächlich brauchen, um die ihnen gestellten Arbeitsaufgaben zu erledigen.
Homeschooling bringt für alle Beteiligten ungewohnten Stress und ein Defizit an Bewegung mit sich. Ein Problem, das die Leistungssportler*innen am Borg Linz nicht haben, da diese ja wie gewohnt trainieren. Doch auch für alle anderen Schüler*innen wäre es wichtig, genügend Bewegung an der frischen Luft zu bekommen. So mancher Online-Turnunterricht versucht hier seinen Beitrag dazu zu leisten.
Die Sicht der Lehrer*innen
Im Video-Interview stellen Lehrerinnen des Borg Linz klar, dass sich im Vergleich zum ersten Lockdown vieles verbessert hat. Wie gut der Unterricht via MS Teams funktioniert, hänge zu einem großen Teil auch von den Schüler*innen ab. Je begeisterter und engagierter diese bei der Sache seien, desto leichter falle es auch technisch vielleicht ungeübteren Lehrer*innen.
Auch die Lehrkräfte sitzen bis zu acht Stunden täglich vor dem Bildschirm, um Videokonferenzen abzuhalten, Arbeitsaufträge zu formulieren, Texte zu korrigieren oder Assignments mit Feedback zu versehen. Seit die Maturant*innen wieder Präsenzunterricht haben, besteht für manche Lehrkräfte hier natürlich wieder eine gewisse Abwechslung aber auch eine ungewohnte Doppelbelastung.
Eine enorme Bereicherung stellt für die Lehrkräfte der Live-Unterricht via Teams dar. „So bekommen wir unsere Schüler*innen zumindest teilweise zu Gesicht und so etwas wie echte Unterrichtskommunikation kann stattfinden.“, meint eine Lehrerin. Außerdem sei es manchmal auch ganz witzig, wenn plötzlich die Katze durchs Bild laufe oder ein Elternteil in die Videokonferenz platze, weil das Mittagessen fertig sei.
Eine der größten Herausforderungen auf Seite der Lehrenden sei einerseits das nötige methodische Umdenken. „Wir müssen uns ganz intensiv mit der Frage auseinandersetzen, wie wir die Aufgaben möglichst gründlich und verständlich formulieren können, damit die selbstständige Stofferarbeitung durch die Schüler*innen funktioniert.“ Andererseits fehle einfach das direkte Feedback der Lernenden. „Im Unterricht sehe ich die fragenden Blicke meiner Schüler*innen und versuche, es noch einmal zu erklären.“ Das falle im Online-Unterricht leider weg, vor allem, wenn die Videoübertragung ausgeschaltet sei. Und ja, man mache sich Sorgen um die ruhigeren Schüler*innen, die mit den technischen Gegebenheiten nicht so gut zurechtkämen oder über keine so gute technische Infrastruktur verfügten, um am Online-Unterricht voll und ganz teilnehmen zu können.
„Natürlich freuen wir uns wieder auf den Präsenzunterricht. Wir sind ja auch Lehrerinnen geworden, weil wir gerne mit Schüler*innen vor Ort arbeiten und hoffen, das auch bald wieder tun zu können.“
Fazit
Letztendlich kann man zu keinem eindeutigen Urteil über das Distance-Learning kommen. Auf Schüler*innen-Seite hängt jedenfalls viel davon ab, wie gut man in der Lage ist, sich selbst zu organisieren und zu disziplinieren, und ob man im Homeoffice in die Kommunikation und die Abläufe des Unterrichts ausreichend eingebunden ist.
Die Schulalltagsstruktur fehlt enorm. Aufgaben, die man erledigen muss, kann man zuhause zwar oft gut meistern, jedoch lauern im eigenen Zimmer auch viel mehr Ablenkungen als im Klassenzimmer. Der virtuelle Unterricht lässt uns erkennen, wie sehr wir unsere Mitschüler*innen - und ja, auch die Lehrer*innen - vermissen. Zudem lernen wir jetzt, einige Sachen mehr zu schätzen, wie eben den sozialen Kontakt zu Menschen, einen Spaziergang in der Natur, die Zeit mit der Familie und vieles mehr.