Es war nicht anders zu erwarten, als dass wir eine äußerst informative und gut recherchierte Führung über die einzelnen Künstler hatten. Wir wurden auch selbst aktiv und bekamen die Aufgabe, uns besonders ansprechende Bilder auszuwählen und sie kurz zu beschreiben.
Die erste Ausstellung handelte von Kokoschka und seinen Werken und um "Das Ich im Brennpunkt". Wie der Ausstellungstitel schon besagt, stand bei der Führung seine Lebensgeschichte im Vordergrund. Sie hat ihn geprägt und spielt daher auch eine große Rolle in seinen Bildern.
Kurzbiographie:
Einer der bedeutendsten Künstler des Expressionismus war der österreichische Maler Oskar Kokoschka. Er begeisterte sich nicht nur für das Porträtieren und das Landschaftsmalen, nein auch als Bildhauer, Graphiker und Schriftsteller übte er sich. Kokoschka arbeitete mit den namhaftesten Künstlern seiner Zeit zusammen. Für Kokoschka ist der Mensch in der Kunst wichtig - eine Kunst, die den Menschen ausspart, ist für ihn nutzlos. Oskar Kokoschka meldete sich zwei Mal als Soldat für den Ersten Weltkrieg und trug nicht nur seelische, sondern auch körperliche Wunden davon. Seither engagierte er sich für im Krieg zurückgelassene Kinder und für Ausbildungsstätten. Im Sommer 1961 unterrichtet er in Salzburg in seiner "Schule des Sehens". Er will das Leben durch das genaue Sehen, durch das Aufreißen der Augen, und dadurch bewusstes Wahrnehmen der Welt, lebenswerter, interessanter machen. Er will den Menschen aus dem eintönigen Alltagstrott reißen. Durch das Geschehene im Krieg wurde er sich der Vergänglichkeit des Lebens bewusst und er wollte, dass seine Schüler das Leben bewusst leben, erleben und dadurch immer wieder das Glück des Lebens finden.
Im Dritten Reich wurde sein Schaffen als "entartete Kunst" abwertend abgestempelt und teilweise sogar zerstört. Der wilde, unruhige Malstil des Künstlers - "nervöse", schnelle Pinselstriche, in Farbflecken und Linien aufgelöste Figuren, verzerrte Proportionen, Missachtung von Gestaltungsregeln, sein freier Geist und seine Kritik am Regime machten ihn zu Hitlers "Kunstfeind Nr.1". Einige seiner Gemälde üben auch scharfe Kritik an der damaligen Politik - zum Beispiel das in der Ausstellung präsentierte Gemälde "Anschluss - Alice in Wonderland" aus dem Jahr 1942 (siehe Bildbeschreibung).
Nach diesen lehrreichen Stunden hatten wir, wie es unser Professor und unsere Professorin so schön nennen, "Auslauf" und daher verließen wir das Leopold Museum und begaben uns auf die Mariahilferstraße. Jeder verbrachte die Mittagspause anders, die einen gingen shoppen, andere suchten ein nettes Lokal auf und aßen eine Kleinigkeit.
Nach der Mittagspause erwartete uns in der Albertina eine sehr farbenreiche Ausstellung von "Matisse und den Fauves". Der Titel der Ausstellung lässt schon sehr genau erahnen, was man damals über die Werke von Matisse und seinen Mitstreitern dachte.
Noch nie hatte man vor 1905 derartig schreiende Farben in einem Bild gesehen, daher war großes Entsetzen in die Gesichter der Kunstkritikerinnen und Kunstkritiker geschrieben, denn es entsprach nicht einmal annähernd der damals üblichen Vorstellung von Kunst. Wilde Pinselstriche dominieren neben den ausdrucksvollen Farben das Bild. Die Aggressivität, die die Bilder für die Betrachterin und den Betrachter ausstrahlten und ausstrahlen, verlieh dieser Malergruppe den Namen "Les Fauves", was nichts anderes bedeutet, als "die Wilden". Daher nennt man diesen Stil Fauvismus. Die Gruppe gab es zwar nur zwei Jahre lang, sie bildete aber dennoch eine entscheidende Grundlage für die Kunst des 20. Jahrhunderts.
Kurze Bildbeschreibung zur Kokoschka-Ausstellung
Künstler: Oskar Kokoschka (Kürzel O.K.)
Name des Werkes: Anschluss- Alice in Wonderland
Jahr: 1942
Kunstrichtung: Expressionismus
Technik: Ölmalerei auf Leinwand
Gestaltung:
Farbauftrag / Farbkontraste: wilde, dicke Pinselstriche; pastoser Farbauftrag; knallige, intensive, bunte helle Farben; wenig Helldunkelkontrast = gleichmäßige Ausleuchtung des Bildes - alle Bilddetails sind annähernd gleich wichtig; die größte zusammenhängende helle Fläche findet man beim Oberkörper der unbekleideten Dame rechts im Bild - auch dadurch wird die Aufmerksamkeit besonders auf sie als Hauptmotiv des Bildes gelenkt.
Raumdarstellung: Das Bild wirkt eher flächig. Es gibt keine Farb- und Luftperspektive (z.B. warme, reine Farben im Hintergrund drängen nach vorne). Etwas Räumlichkeit entsteht durch perspektivische Verkleinerung von Bildmotiven und fehlende Bilddetails im Hintergrund.
Beschreibung und Interpretation des Bildes:
Im Bild kann man Vorder-, Mittel- und Hintergrund und damit auch mehrere Situationen unterscheiden.
Situation1 - Vordergrund:
Im Vordergrund - der vorderen Bildebene - befindet sich die Figurengruppe. Sie ist so nah an die Betrachterin beziehungsweise den Betrachter herangezoomt, vom Bildrand angeschnitten, dass er Teil der Gruppe zu werden scheint.
Die unbekleidete Frau im rechten Bildfeld ist Eva (die biblische Gestalt mit Feigenblatt). Sie ist eingesperrt in einem Stacheldrahtzaun. Sie zeigt auf die Bildbetrachterin/ den Bildbetrachter und blickt sie/ihn auch direkt an. Damit nimmt sie Kontakt zur Bildbetrachterin beziehungsweise zum Bildbetrachter auf und lässt damit sie und ihn Teil des Geschehens werden. Die drei Personen vertreten - erkennbar an den typischen Stahlhelmen - England, Deutschland und Frankreich. Ihre Kleidung verweist darauf, dass sie den Staat, Militär und Kirche vertreten.
Neben Eva sitzt der Franzose, welcher sich die Ohren zuhält. Auf in folgt ein nationalsozialistischer Offizier der auf die eingesperrte Eva zeigt nachdem er den Knopf der Fernbedienung für das Fallenlassen der Bombe betätigt hat. Ein Engländer hält sich die Augen zu. Auf seinem Schoss liegt die Zeitung "Our Times 1934". Abgeschlossen wird die Figurengruppe von der Figur einer Engländerin die ein Kind mit Gasmaske auf dem Schoß hält. Es ist bereits für den zweiten Weltkrieg ausgerüstet.
Diese Situation demonstriert provokant dass alle, die Alliierten, von dem Geschehen im nationalsozialistischen Deutschland wussten, jedoch wurde von allen Seiten kaum oder zu wenig dagegen unternommen. Das Bild stellt damit die Frage in den Raum wieso (bis 1942) nichts unternommen wurde. Kokoschka wurde auch aufgrund solcher kritischer Werke von Hitler als "Staatsfeind Nummer eins der Kunstgeschichte" ernannt.
Situation 2 - Mittelgrund:
In einer Kirchenkappelle im Mittelgrund rechts hinter Eva befindet sich die Jungfrau Maria mit dem Jesuskind. Das schockierende daran ist, dass die beiden Heiligen geköpft wurden. Damit spiegelt Kokoschka wider, dass im Nationalsozialismus quasi der Staat die Kirche war, die nationalsozialistische Ideologie die Religion ersetzt hat.
Situation 3 - Hintergrund:
Im Bild spiegelt sich die Stadt Wien, die im zweiten Weltkrieg in Flammen aufgeht und Großteils zerstört wurde, wider.
Wer wissen will, was Kokoschka selbst zu seinem Bild sagt (es lohnt sich!) und wer mehr über Kokoschka in einen kurzen Überblick zu seiner Person und seinen Werken haben will - hier ein Link Tipp:
http://www.textezukunst.com/index.php?page=oskar-kokoschka)